Die gruppendynamische Trainingsgruppe ist ein rekursives Lernsystem. Es werden Gruppen gebildet, deren Aufgabe darin besteht, über sich als Gruppen nachzudenken und alle darin vorkommenden und relevant erscheinenden Phänomene zu besprechen. Man lernt daher am eigenen Beispiel. Gruppenprozesse werden gleichzeitig erlebt und beobachtet, man erhält Feedback auf das eigene Gruppenverhalten und man lernt, wie der Gruppenprozess und die eigene Position darin miteinander zusammenhängen.
Worum geht es bei der gruppendynamischen Trainingsgruppe?
Der Fokus auf die Gruppe als eine spezifische soziale Konfiguration ist aus zwei Gründen von Bedeutung. Zum einen sind Menschen anthropologisch gesehen Gruppenwesen, sowohl in phylogenetischer wie ontogenetischer Hinsicht sind wir auf überschaubare Kleingruppenzusammenhänge geprägt. Zum zweiten sind Gruppen zum „Betreiben“ von Organisationen essentiell. In allen Organisationen verstärkt sich daher die Tendenz zur Team- und Gruppenarbeit, die häufig als zentraler Treibriemen angesehen wird, Organisationen zum Funktionieren zu bringen. Man hat also mit zwei „Schnittstellen“ bzw. mit zwei Verhältnissen zu tun: dem Verhältnis von Individuum und Gruppe und dem Verhältnis von Gruppe und Organisation. Sich mit Gruppen auszukennen, ist jedoch nichts einfach Gegebenes, vielmehr wird es zunehmend zu einer eigenen sozialen Fertigkeit, sich in Gruppen kompetent zu bewegen. Zwar verfügt man immer schon über Gruppenerfahrungen, in der Regel liegen diese jedoch auf einer vorbewussten, „unaufgeklärten“ Ebene. Als spezifische Sozialkonfiguration ist die Gruppe ein System, das eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt. Diese zu kennen, ist sowohl für die eigene Position in der Gruppe wie auch für die Leistungsfähigkeit der ganzen Gruppe als organisatorische Einheit wichtig.
Die gruppendynamische Trainingsgruppe dauert eine Woche. Der Großteil dessen, was man in dieser Woche lernt, ist unmittelbar erfahrungsbasiert. Die Trainingsgruppe hat nicht nur einen hohen Erlebnischarakter, sondern kann auch auf wichtige inhaltliche Fragen fokussieren, die aufgrund des Lernsettings jedoch nicht abstrakt-theoretisch bleiben, sondern auf die konkret vorhandene Situation beziehbar und daher besser verständlich sind. Die im Gruppenprozess auftauchenden Themen betreffen z.B. die Herausbildung und Veränderbarkeit individueller Rollen und Funktionen in Gruppen, die Entstehung von Normen und Standards, die Bedeutung von Einfluss und Vertrauen als strukturbildende Elemente des sozialen Geschehens, Konflikte in Gruppen, die Bedeutung von Feedback für individuelles und kollektives Lernen, die Entstehung und Bedeutung von Autorität und Führung in Gruppen, Phasen der Gruppenentwicklung u.a.m.
Die praktische Bedeutung dieses Lernsettings im Sinne eines Lerntransfers ist eminent, da wir uns alle ständig in Gruppen bewegen. Das Erfahrene und Gelernte hat dabei ein doppeltes Anwendungsfeld, das private wie auch das berufliche Leben. Die meisten Arbeitsprozesse sind aus Komplexitäts- oder Motivationsgründen besser in Gruppen untergebracht (Arbeitsgruppen, Projektgruppen, task forces, Abteilungsgruppen etc.). Da eine „zielorientierte“ Funktionsfähigkeit des Personenaggregats Gruppe nicht einfach vorausgesetzt werden kann, stellt sich als wichtige Anschlussfrage die Frage nach der Steuerung sozialer Prozesse in Gruppen. Diese realisiert sich in einem Zusammenspiel organisatorisch bzw. hierarchisch verfügter Rahmenbedingungen und konsensorientierter Prozesse der Entscheidungsfindung.